top of page
1. Juli 2022

ito ito versteht sich als Shared Factory und On-Demand Strickproduzent in einer digitalen und transparenten Lieferkette – made in Germany. Die Shared Factory von itoito ermöglicht Modelabels Teil einer digitalen On-Demand-Plattform für Strick zu sein. Mit ihrer Software wird die Produktion direkt an die Nachfrage gekoppelt. Das hilft der Modebranche effizienter zu werden – keine Überproduktion mehr, vollständig recycelbare Produkte mit einer transparenten und lokalen Lieferkette.

FCG: Magst Du uns kurz erklären, wie es zur Gründung von ito ito kam? 

Friederike Pfeffer: Die Art und Weise, wie Mode heute (über)produziert wird, und die Berichte über wachsende Müllberge von weggeworfenen Textilien hat uns dazu motiviert, darüber nachzudenken, wie wir unsere Kompetenzen sinnvoll einsetzen können, um Modeproduktion zu demokratisieren und eine Methode zu entwickeln, die nicht nur effizient ist, sondern auch Teil einer neuen Kreislaufwirtschaft mit transparenten und lokalen Lieferketten. Wir haben bereits mit unserem Vorgänger-Start-up ein Verfahren entwickelt, wie man eine Strickmaschine direkt vom Computer aus ansteuern und Bilder in strickbare Dateien umwandeln kann. Mit ito ito wollen wir einen Schritt weiter gehen und die Möglichkeit schaffen, komplette Strickkollektionen in Form und Muster individuell zu produzieren.

FCG: Mit der sogenannten „Shared Factory“ wollt ihr die Beziehung zwischen Designer:innen, Produzent:innen und Träger:innen neu definieren. Wie läuft so eine Produktion vom Entwurf des Designers bis zur Lieferung an den Endkosument:in im Idealfall ab?

FP: Wenn heute ein Modelabel Strick produzieren lassen will, stehen sie erst mal vor dem Problem, dass der Zugang zur Produktion erschwert ist. Es gibt hohe Mindestbestellmengen, die große Vorabinvestitionen erfordern und wenig mit einer wirtschaftlichen und effizienten Produktion zu tun haben. Darüber hinaus sind die Lieferketten unübersichtlich und erfordern eine langfristige Planung. Unsere Shared Factory dreht das Prinzip um. Wir entwickeln die Strick-Prototypen. Mithilfe unserer Algorithmen können die Designer:innen ihr Grund-Produkt auswählen und dann in Form, Farbe und Muster auf ihre eigenen Entwürfe anpassen. Wir bündeln die Entwürfe verschiedener Modelabel mit gleichen Parametern und schicken sie als eine Bestellung an eine Strickmaschine in unserem Netzwerk. Dadurch können beliebige Stückzahlen zu jedem beliebigen Zeitpunkt produziert werden und man hat immer die Kontrolle darüber, wo sich die Bestellung in der Lieferkette gerade befindet. Die Produktion kann auch direkt an die Nachfrage gekoppelt werden und erst dann in Auftrag gegeben werden, wenn eine Kund:in etwas im (Online-) Shop bestellt hat. Dadurch, dass das Kleidungsstück „on demand“ produziert wird, kann es dann direkt an die Kund:in geschickt werden.

FCG: Laut Eurer Website gibt es an dem Modell viele Vorteile wie „Zero Risk“ und „Zero Waste“ für Designer:innen und Produzent:innen beim „Zero Sampling“. Gibt es vielleicht auch Nachteile, die durch eine reine Digitalisierung der Musterteile entstehen? Wenn ja, welche Maßnahmen unternimmt ihr, um dem entgegenzuwirken?

FP: Generell ist das Produzieren mit einer Strickmaschine schon sehr anspruchsvoll – es gibt für jedes Strickstück ein Programm, dass individuell geschrieben werden muss und das die Maschine ansteuert. Wir machen mit unserer Software jetzt eine On-Demand-Produktion möglich. Dafür haben wir eine Software entwickelt, in dem man seinen Entwurf anlegen kann, sodass er direkt produziert werden kann, ohne dass man Vorkenntnisse von Strickprogrammen haben muss. Unsere Software basiert auf Algorithmen, die so entwickelt worden sind, dass es viele Anforderungen der Modelabels abdeckt. Sicherlich gibt es spezielle Stricktechniken, die unser System erst nach einer gewissen Entwicklungsdauer anbieten können wird, aber wir entwickeln sowohl in Bezug auf Material als auch bei den Modellen ständig neue Produkte, sodass auch die Bandbreite der Möglichkeiten im Laufe der Zeit immer umfangreicher werden wird.

FCG: Ihr habt Euren Standort in der Hansestadt Bremen. Wie würdest Du Deutschland als Produktionsstandort von Modeerzeugnissen bewerten?

FP: Was heute kaum noch jemand weiß, ist, dass Deutschland auf eine lange Geschichte, in der Textilverarbeitung und Modeproduktion zurückblicken kann. Die Bremer Baumwollbörse beispielsweise besteht seit 150 Jahren und im 20. Jahrhundert wurden hier jährlich mehrere Millionen Ballen Baumwolle umgesetzt, in der schwäbischen Alb waren zum gleichen Zeitpunkt die Pioniere der Textilproduktion angesiedelt, die wichtige Verfahren zur Textilverarbeitung erfunden haben.

Leider sind gerade in den letzten Jahrzehnten viele Betriebe und Produktionsstätten abgewandert, die Produktion findet meist aus Kostengründen überwiegend im Ausland statt. Noch sitzt in Deutschland das Know-how für qualitativ hochwertige Produktionen, aber wenn man nicht schnell handelt, werden auch diese Kenntnisse bald nicht mehr zur Verfügung stehen.

FCG: Wie kann Deiner Meinung nach Deutschland führend in der Produktion nachhaltigen und/oder zirkulärer Mode werden?

FP: In Deutschland sitzt viel technisches Know-how und unternehmerischer Erfindergeist, der nötig ist, um Veränderungen anzustoßen und neue Methoden der Produktion zu entwickeln. Das sehen wir auch um uns herum in ganz unterschiedlichen Ansätzen, wie z. B. auf dem Gebiet des Recyclings. Gleichzeitig ist Deutschland natürlich auch der größte Absatzmarkt der EU. Von der EU und der Bundesregierung werden wichtige Fördermaßnahmen ins Leben gerufen, um Produktionen wieder näher an den Markt heranzuholen und vor allem nachhaltiger zu gestalten. Das ist auch ein wichtiger Trend in der Wirtschaft, denn wenn Energiekosten und die durch den Transport ausgelösten CO₂ Emissionen einen wachsenden Anteil an den Produktionskosten verursachen, Lieferkettengesetze eine größere Transparenz der Produzent:innen und Händler:innen fordern und von Kund:innenseite auch vermehrt die Frage der Herkunft gestellt wird, dann können lokale Lieferketten ein entscheidender Faktor bei der Wettbewerbsfähigkeit werden. Die Wege dazu werden derzeit angelegt, wir müssen nur noch eine funktionierende Autobahn darauf errichten.

 

FCG: Wie sieht Deiner Meinung nach die Zukunft der Modeproduktion aus?

FP: Derzeit sind mehr oder weniger alle Modebrands damit beschäftigt, sich nachhaltiger aufzustellen. Die Modeproduktion der Zukunft hat auch ganz klar mit einem Umdenken des Modekonsums bei den Kund:innen zu tun. Es wird dahin gehen, dass Modebewusster getragen wird, sei es in der Wahl der Materialien, in dem Bewusstsein der Produktionsart oder der Lebensdauer. Aber auch der Gedanke der unbegrenzten Verfügbarkeit jederzeit und überall muss sich verändern. Dinge müssen wieder einen größeren Wert bekommen, es muss kein Nachteil sein, dass man auf etwas wartet. Dieses Umdenken wird einen veränderten Konsum zur Folge haben, der auch eine angepasste Produktion und Umdenken der Hersteller erfordert. Die Kund:innen brauchen dafür aber ein klares und wiedererkennbares System, dass ihnen hilft, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Es gibt auch klare Vorteile der On-Demand-Produktion, man kann nämlich viel mehr auf die individuellen Bedürfnisse der Kund:innen eingehen. Sei es in Bezug auf individuelle Größen, oder dass man viel schneller auf Trends reagieren kann.

Wir bedanken uns bei Friederike Pfeffer für das Gespräch.

  • Instagram
  • Facebook
AUTOR:IN
Fashion Council Germany
ANSPRECHPARTNER:IN
INFOS ANFRAGEN
WEBSITE/S
MITGLIEDER
Im Gespräch mit Friederike Pfeffer, Co-Founderin von ito ito: "Über On-Demand und Zero Waste"

Interview

Im Gespräch mit Friederike Pfeffer, Co-Founderin von ito ito: "Über On-Demand und Zero Waste"

bottom of page