29. Juli 2021
Was will der Fashion Council Germany?
Scott: Wir sind ein Interessenverband, der die Vielfältigkeit der deutschen Modeindustrie repräsentiert und ihre Belange in der Politik, Wirtschaft und der Öffentlichkeit stärkt. Wir betrachten die Modeindustrie ganzheitlich mit all ihren Akteuren und Schnittstellen, mit dem Einzelhandel, jungen Designern, etablierten Häusern und all den Kreativen, die am Schaffensprozess beteiligt sind. All das soll nicht nur repräsentiert, sondern auch durch gezielte Lobbyarbeit unterstützt werden, um die Wirkungskraft und Reichweite zu schaffen, die die deutsche Modeindustrie verdient – auf kultureller, gesellschaftlicher und wirtschaftspolitischer Ebene. Wir sehen es auch als unsere Aufgabe, Belange wie Fördertöpfe und die Mitgestaltung für Rahmenbedingungen für die Modeindustrie bei der Politik einzufordern.
Wie wollt ihr das erreichen?
Scott: Seit der Gründung haben wir eine ganze Reihe von Projekten und Aktivitäten gemacht, die die Sichtbarkeit der deutschen Mode in Politik und Öffentlichkeit befördert haben. Aktuell arbeiten wir zur Frankfurt Fashion Week für das Konferenz-Format „Werkstatt der Zukunft“ zum ersten Mal mit Ursula von der Leyens Initiative „The New European Bauhaus“ zusammen. Wir sind in stetigem Dialog mit der Politik auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene, waren im Kanzleramt und Bundeswirtschaftsministerium, um auch wirtschaftlichen Grundlagen für Modeunternehmer mitzugestalten. Auf internationaler Ebene vernetzen wir uns mit anderen Organisationen, wie dem CFDA – Council of Fashion Designers of America, dem British Fashion Council oder der Camera della Moda, mit der wir gerade für den Austausch zwischen deutschen und italienischen Designern wieder zusammenarbeiten. Ein großer Meilenstein ist unsere Studie zum „Status Deutscher Mode“, die als Bestandsaufnahme der deutschen Modeindustrie die Weichen für eine wirtschaftspolitische Mitsprache bildet.
Wie steht es um die deutsche Modeindustrie? Welche Erkenntnisse zeigt diese Studie?
Scott: Ganz klar die Größe der deutschen Modeindustrie. Immerhin ist Deutschland der zweitgrößte Produzent in Europa, hat die höchste Dichte an Modeschulen und ist auch als Absatzmarkt global relevant. Und trotzdem mangelt es an gesellschaftlicher Akzeptanz und politischer Unterstützung.
Verglichen mit anderen Ländern haben wir auch festgestellt, dass wir uns sehr innovativ sind und auch im Bereich der Textilentwicklung die meisten Patente anmelden. Wir haben Unternehmen, die aus Spinnweben Seide herstellen oder aus Garne aus Milch. Auch das Thema Nachhaltigkeit gehört zu unseren Stärken. In der Befragung wurde auch auf die „deutschen Tugenden“ hingewiesen, Qualität und Verlässlichkeit. Beim Thema Digitalisierung braucht vor allem der deutsche Mittelstand noch Unterstützung, um sich zu digitalisieren. Viele inhabergeführten Unternehmen sind noch nicht in der jungen Generation angekommen.
Adressiert ihr als Interessenverband auch diese Themen?
Scott: Ja. Wir sind dabei Arbeitsgruppen zu schaffen, in denen sich Menschen mit bestimmten Expertisen gezielt einbringen können – das gilt vor allem für unsere Schwerpunktthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Wir haben in Berlin kleine Digital-Projekte ins Leben gerufen, um Designern und Unternehmen Zugang zu digitalen Planungstools zu geben und haben auch während der Lockdown-Zeit für unsere Mitglieder Webinars freigestellt, um digitale Kompetenzen zu schulen
Wie findet das Thema Nachhaltigkeit bei euch statt?
Scott: Das geht oft Hand in Hand mit der Digitalisierung. Wir wollen ein bundesweites Förderprojekt für ein digitales Tool initiieren, das Unternehmern hilft sich nachhaltiger aufzustellen – nicht nur in der Unternehmensführung, der Produktentwicklung und Herstellung, sondern an allen Punkten der Lieferketten. Auch auf der politischen Ebene arbeiten wir daran, denn Nachhaltigkeit hat viel mit Kommunikation und Aufklärung zu tun. Wir wollen die Öffentlichkeit weiterhin für die Dringlichkeit sensibilisieren. Mit Prinz Charles The Prince's Foundation arbeiten wir außerdem zusammen, um in der Mode alte, Verfahren zu beleuchten, die sich vielleicht wieder erneuern und wieder in den Alltag eines Mode schaffen den Einzug erfinden einfinden können, etwa nachhaltiges Handwerk. Wir werden das German Sustain Concept weiter ausbauen und planen eine Nachhaltigkeitsstudie. In Zukunft werden wir dabei die Bildungsinstitutionen stärker einbinden. Auch das findet in der „Werkstatt der Zukunft“ statt.
Was gibt mir der Fashion Council als Mitglied?
Scott: Ein Verein ist so stark wie seine Mitglieder und jedes Mitglied muss sich aktiv einbinden, um etwas aus der Vereinsarbeit zu gewinnen. Es ist wie im Sportverein – wenn man Tennis spielt, dann muss man auf den Platz gehen. Das Gleiche ist bei uns auch der Fall, es gibt ein Netzwerk, das aktiv genutzt werden muss. Wir versuchen die Sichtbarkeit von Verein und Mitgliedern zu stärken und zwischen den Mitgliedern und Politik und Wirtschaft zu vermitteln, um neue Möglichkeiten und Kollaborationen und auch Förderung für unsere Mitglieder zu schaffen. Wie viele Früchte die Vereinsaktivitäten auch für jeden einzelnen tragen hängt davon ab, ob man ein eher passives oder ein aktives Mitglied ist. Je mehr man sich einbringt, desto größer der Nutzen
Was sind die nächsten Schritte für den Fashion Council Germany?
Scott: Wir sind ein sehr junger Verein, aber ich denke, dass wir in den fünf Jahren seit unserer Gründung schon einiges erreicht haben. In naher Zukunft wollen wir die Wissensvermittlung auf unserer neuen Plattform ausbauen, sodass Mitglieder auf Datenbanken und Webinars zurückgreifen können und Zugang zu neuen Master Classes von Institutionen wie Parsons School of Design oder der Polimoda haben. Wir wollen die Mitglieder Benefits noch stärker ausbauen, damit sich Mitglieder engagieren. Ganz am Anfang basierte die Mitgliedschaft vielleicht noch auf dem Glauben an das gemeinsame Ziel den Stellenwert der Mode aufzuwerten, aber jetzt gibt es eine Infrastruktur und ein Netzwerk, das die Mitglieder ganz pragmatisch für ihre Arbeit nutzen können. Die politische Lobbyarbeit wiederum ist eine langfristige Sache, ein Prozess, an dem wir laufend arbeiten. Und da hat dieser junge Verein schon sehr viel geschafft und so schnell Zugang zur Politik aufgebaut, wie ich es bei keinem anderen Verein gesehen habe.
Wie gehe ich auf den Fashion Council Germany zu?
Scott: Ruft uns an, meldet euch bei uns, redet mit uns! Wir wollen alle, die an der Modeindustrie teilhaben, einladen. Wir wollen, dass sich unserer Mitglieder involvieren und miteinander sprechen, um gemeinsam etwas aufzubauen.